EIN SURFER ZUM VERLIEBEN 03 | TEIL 05

Kapitel 2 – 10.01.2016 | auf der ‚Mana Loa’ vor Vanua Levu | Tahiti | LINDSAY

Die ‚Mana Loa’ dümpelte im azurblauen, klaren Wasser vor sich hin. Lindsay lag an Deck der Segelyacht, las und genoss den Wind und die Sonne auf ihrer Haut.

Einen Ruhetag einzulegen, war eine gute Idee gewesen. Schließlich befanden Warden und sie sich auf Hochzeitsreise und die sollte auch entspannend und erholsam sein. Sie hatten lange geschlafen, gefaulenzt und waren viel im Wasser gewesen. Lindsay liebte das Schnorcheln. Es erinnerte sie an jenen Tag, den sie zusammen mit Warden in der Hanauma Bay verbracht hatte. Das war ganz zu Anfang ihrer Beziehung gewesen.

Lindsay legte das Buch, in dem sie gerade las, beiseite und starrte zur Insel hinüber. Sie erinnerte sich noch genau, wie sie sich damals gefühlt hatte. Sie war völlig verknallt in Warden gewesen, doch sie hatte sich auch wahnsinnig gefürchtet, verletzt zu werden. In der Nacht zuvor hatte sie ihn das erste Mal in ihr Bett gelassen und sie hatte sich anschließend entsetzlich verwundbar gefühlt. Insgeheim hatte sie befürchtet, eine gewaltige Dummheit begangen zu haben, denn Warden stand nun einmal in dem Ruf ein waschechter Bad Boy zu sein. Dennoch hatte der Ausflug an den Strand damals damit geendet, dass sie sich ihm erneut hingegeben hatte. Noch heute fand sie die Situation, in der sie sich plötzlich befunden hatten, völlig surreal. Sie waren von einem Unwetter überrascht worden und hatten unter dem Rettungsturm Schutz vor dem strömenden Regen gesucht. Dort hatte Warden sie erneut verführt und sie hatte es nur zu gerne geschehen lassen. Sie seufzte leise bei der Erinnerung und ihr Unterleib zog sich verlangend zusammen. Zu diesem Zeitpunkt war noch alles gut gewesen, doch bereits kurz darauf hatte Lindsay erkannt, dass Warden ihr viel zu nahe gekommen war. Die Intensität ihrer Gefühle hatte sie überwältigt und eingeschüchtert. Völlig kopflos und panisch hatte sie Warden von sich zurückgestoßen.

Dass sie als Paar beinahe wegen ihrer Unsicherheit gescheitert wären, machte Lindsay auch nach all den Monaten noch zu schaffen. Fast hätte sie sich aus reiner Feigheit das ganz große Glück versaut. Dabei schrieb sie immer über mutige Frauen, die aufs Ganze gingen und sich nicht mit halben Sachen zufrieden gaben. Ihre Leserinnen liebten es und auch Lindsay mochte ihre starken Protagonistinnen, die sich nicht einschüchtern ließen und nicht selten den Kampf gegen einen übermächtigen Gegner aufnahmen.

Nur leider war sie keine Protagonistin in einem Liebesroman. Sie war einfach nur ein Mensch mit ganz normalen Ängsten und Zweifeln. Erneut entfuhr ihr ein Seufzer. Wie wunderbar wäre es, die Hauptfigur in einem Liebesroman zu sein? Für Lindsay gehörte ein Happy End zwingend zu einer guten romantischen Komödie. Du hast doch dein Happy End, rügte sie sich. Du hast deinen absoluten Traummann geheiratet, bist nach wie vor bis über beide Ohren verknallt, hast den besten Sex, den man sich nur vorstellen kann und …

„Lindsay, wo zum Teufel hast du mein Portemonnaie hingetan?“, blaffte Warden, der gerade die Treppe an Deck empor gekommen war, sie an.

Sie schaute zu ihm hinüber und runzelte die Stirn. „Ich bin mir sicher, ich habe es dir nach dem Einkaufen zurückgegeben.“ Zum Mittagessen waren sie mit dem kleinen Beiboot zur Insel hinübergefahren. Anschließend hatte Lindsay ein paar Lebensmittel fürs Abendessen besorgt, während Warden in eine Unterhaltung mit ein paar anderen Surfern verwickelt worden war.

„Nein, hast du nicht“, beharrte er nachdrücklich.

Lindsay hatte die Situation klar vor Augen und erwiderte: „Doch, habe ich … ich …“

„Lindsay, ich bin nicht dumm, okay?“

„Habe ich doch auch gar nicht behauptet, aber ich habe es dir direkt nach dem Einkauf zurückgegeben. Noch ehe wir mit dem Boot zurückgefahren sind, um genau zu sein. Ich …“ Warden schloss die Augen und gab einen frustrierten Laut von sich. „Alles okay, Liebling?“, fragte Lindsay besorgt.

Er nickte. „Ich habe es liegen lassen. Fuck! Ich bin so ein Idiot!“

„Nein, das bist du nicht“, beruhigte sie ihn.

„Doch, bin ich – und dann mache ich dich auch noch dumm an. Scheiße!“, grollte er.

Lindsay wusste genau, dass ihm solche Fehler regelmäßig unterliefen. Es hing mit seinem ADHS zusammen. Er war nun einmal sehr vergesslich und verlegte oft Dinge. Lindsay erhob sich und ging zu ihm hinüber. Sie wollte ihn in die Arme nehmen, doch Warden war bereits dabei, Schadensbegrenzung zu betreiben. Er ließ das Beiboot ins Wasser. „Es ist nicht schlimm …“

„Fuck! Und ob es das ist, Lindsay. Was, wenn es dort nicht mehr ist? Da ist mein Ausweis drin, meine Kreditkarten und auch ein wenig Bargeld.“

„Wie viel?“, fragte sie.

„Achthundert Dollar, oder so.“ Zu erwarten, dass er einen Überblick hatte, wäre auch zu viel verlangt gewesen. Nachdem er abgelegt hatte und mit dem kleinen Motorboot zurück zum Hafen fuhr, stieß Lindsay einen langen, bedauernden Seufzer aus. Sie würde es niemals laut vor ihm sagen, doch in solchen Momenten tat Warden ihr unendlich leid. Er bemühte sich wirklich sehr darum, wenig Chaos zu verursachen, aber Tatsache war nun mal, dass er unstrukturiert handelte und extrem verpeilt war. Hinzu kam seine extreme Impulsivität, die ihm das Leben erschwerte. Warden hatte Probleme seine Emotionen unter Kontrolle zu halten. Wenn er schlecht gelaunt war, dann wusste das jeder im Umkreis von fünf Meilen. Man bekam es einfach mit und wenn er gut drauf war, dann verhielt es sich ebenso … allerdings fehlte ihm dann auch jegliches Verständnis dafür, dass andere Leute vielleicht einen üblen Tag oder Stress hatten. Für Lindsay war seine Krankheit oft weniger ein Problem als für ihn selbst. Sie liebte ihn wie er war und sah über seine Fehler hinweg. Er konnte schließlich nichts dafür. Natürlich überraschte und überforderte er sie auch hin und wieder. Er reagierte extrem und oft auch wenig angemessen. Besonders seine niedrige Frustrationstoleranz war ein Problem. Sie sorgte dafür, dass er Dinge abbrach, wenn sie ihm keinen Spaß machten oder er keinen Kick daraus ziehen konnte. Manchmal vergaß Lindsay, dass ihr Mann unter dieser Krankheit litt und dazu tendierte, chronisch unzufrieden zu sein.

Ihre größte Angst war es, dass er sich eines Tages mit ihr langweilen könnte. Sie war sich absolut darüber bewusst, dass er sie in diesem Fall rasch ersetzen würde. Auch auf dieser Ebene brauchte er den Kick … Das ADHS machte ihn zu einem großartigen Surfer. Er war risikofreudig und er wurde mit der Ausschüttung von Dopamin für seinen Mut belohnt. Es machte ihn jedoch auch zu einem Partner, von dem sie sich nicht sicher sein konnte, ob er ihr auf ewig treu bleiben würde. Sie konnte es bloß hoffen und sie hatte ihm in aller Deutlichkeit klargemacht, was die Konsequenz wäre, sollte er sie betrügen.

So viel, dachte sie traurig, zum Happy End. In einem Liebesroman wäre das alles ganz einfach. Da würde ein Wundermittel auftauchen und schon wäre ihr Liebster von jetzt auf gleich ein ganz anderer Mensch. Zwar unterzog sich Warden in der Tat einer Hormontherapie, doch die bioidentische Creme war schwer zu dosieren und noch immer war er mal himmelhoch jauchzend und mal zu Tode betrübt – gerne jeweils auch mehrmals am Tag. Lindsay litt mit ihm und seinen Stimmungsschwankungen, die ihn urplötzlich aus der Bahn werfen konnten.

Obwohl Lindsay klar war, welchen Schwierigkeiten sie sich tagtäglich stellen mussten, hoffte sie das Beste. Warden zog sie zwar damit auf, dass sie das unromantischste Weibsbild auf der ganzen Welt sei, aber das stimmte nicht. Wäre sie wirklich hoffnungslos unromantisch, dann hätte sie seinen Antrag nie angenommen. Doch da sie insgeheim daran glaubte, dass die wahre Liebe alle Hindernisse überwinden konnte, hatte sie keine Sekunde gezögert. Sie liebte ihren chaotischen Surfer nun einmal von ganzem Herzen.

 

Die nächsten Stunden verbrachte Lindsay mit Lesen und Schreiben. Es dämmerte bereits, als Warden endlich zurückkam. Sie ging an Deck hinauf und beobachtete, wie er die Yacht bestieg. „Und? Hast du es?“, fragte sie ihn. Sie kannte die Antwort bereits, ehe er antwortete, sein breites Strahlen sagte mehr als tausend Worte.

„Yep, allerdings haben wir kein Bargeld mehr.“

Lindsay biss sich auf die Unterlippe und verzog angewidert den Mund. Es sollte sie nicht wundern, dass das Geld weg war, schließlich wusste sie aus eigener Erfahrung, wie grausam, selbstsüchtig und gierig Menschen sein konnten. Dass Lindsay ein Vertrauensproblem hatte, dessen sie sich durchaus bewusst war, kam schließlich nicht von ungefähr. Die Vergangenheit hatte sie gelehrt vorsichtig zu sein.

„Tut mir leid, Baby!“, murmelte sie betreten. Es frustrierte sie, dass es keinem ehrlichen Finder in die Hände gefallen war. Sie konnte wirklich nicht verstehen, wie man sich an anderen Menschen bereichern konnte. Natürlich traf Warden eine Mitschuld, weil er nachlässig gewesen war, aber es blieb ein Diebstahl. Und das war etwas, das sie maßlos ärgerte. Vielleicht auch deshalb, weil sie selbst tagtäglich beklaut wurde. Ihre Romane fanden sich auf unzähligen Piratenseiten und Lindsay versuchte nicht darüber nachzudenken, dass eine nicht unerhebliche Zahl ihrer Leser und Leserinnen, keinen Cent für Romane zahlte. Das war bitter, denn diese Menschen mochten ihre Bücher offensichtlich, sonst würde sie diese schließlich nicht lesen. Bereit, dafür Geld zu zahlen, waren sie jedoch nicht. Dabei steckte Lindsay all ihr Herzblut und ihre Leidenschaft in ihre Romane. Erst neulich hatte sie mit ihrer Freundin und Kollegin Violet über dieses Thema gesprochen. Sie waren sich einig gewesen, dass sie auf viele Dinge verzichteten, die für andere Menschen selbstverständlich waren. Freunde und Familie blieben nicht selten auf der Strecke und Lindsay wusste genau, woran das lag. Auch ihr gelang es häufig nicht, sich aus ihren Geschichten zu lösen. Manchmal beschäftigte ein Plottproblem sie tagelang und die Zweifel, ob die Geschichte etwas taugte, waren ihr ständiger Begleiter. Lindsay war bewusst, dass sie dann ziemlich nervig sein konnte, doch sie konnte es auch nicht ändern. Warden hatte seine Macken und sie ihre. Zum Glück hatte ihr Surfer rasch erkannt, dass sie das Schreiben ebenso liebte wie er das Surfen und war nachsichtig mit ihr.

Warden sah sie irritiert an. „Was tut dir leid, Sonnenschein?“

„Dass das Geld weg ist. Ich meine, es ist nur Geld, aber …“

„Oh, sorry. Nein, es war noch da. Der Junge, der es gefunden hat, hatte das Portemonnaie in Labasa beim Bürgermeister abgegeben und dort habe ich es dann abgeholt. Der Junge war schon weg, doch ich wollte mich persönlich bei ihm bedanken und als ich gesehen hatte, in welchen Verhältnissen er lebt, da habe ich beschlossen ihm das Geld zu schenken“, erklärte Warden und Lindsay gab innerlich einen leisen Seufzer von sich. Dies waren die Momente, in denen sie Warden ganz besonders liebte und ihr war auch vollkommen bewusst, dass seine Spontanität und seine Begeisterungsfähigkeit ihre Quelle in seiner Krankheit fanden. Sie konnte sich fast bildlich vorstellen, wie ihr Mann einfach in sein Portemonnaie gegriffen und alles Geld herausgenommen hatte, das sich darin befand. Jeder andere hätte es gezählt und hätte dann überlegt, welcher Betrag angemessen wäre.

Sie gab Warden einen Kuss auf die Wange und ließ sich die ganze Geschichte erzählen, während sie das Beiboot des deutschen Herstellers Banana, zusammenfalteten und an der Reling vertäuten. „Das Beiboot ist megacool“, befand Warden, nachdem sie fertig waren.

„Ja, wenn wir dann unser eigenes Segelboot haben, dann holen wir uns auch so eins“, stimmte Lindsay ihm zu.

„Ja, und dann umsegeln wir die Welt.“

Lindsay betrachtete Warden einen Moment lang. „Dein Ernst?“, hakte sie nach, denn durch, dass er sich von seiner Begeisterung so schnell mitreißen ließ, war es manchmal schwer einzuschätzen, inwieweit er wirklich hinter seinen Äußerungen stand. Warden stand nicht umsonst im Ruf, sprunghaft und unzuverlässig zu sein.

Er nahm sich die Zeit und überlegte einen Moment lang. „Etwas unrealistisch, mmh?“ Lindsay nickte. Natürlich wäre es ein Traum und Lindsay konnte sich eine lange Segelreise durchaus vorstellen. „Es ist nur einfach so toll hier. Wirklich großartig.“

„Ich weiß, Baby, und ich könnte es mir auch wirklich vorstellen, aber denk an Leander. Du würdest ihn dann monatelang nicht sehen“, gab sie zu bedenken. Sie wusste nur zu gut, wie sehr er seinen Sohn vermisste, wenn er auf Tour war – und die bot ihm immerhin die Möglichkeit zwischendurch wieder heimzukommen. Lindsay war froh, dass Warden sich dazu entschlossen hatte, dieses Jahr noch einmal teilzunehmen. Sie wollte, dass er sich ganz sicher war, wenn er die Tour an den Nagel hängte. Sie war sich im Klaren darüber, wie viel ihm das Surfen bedeutete und auch, dass er die Tour und die Wettkämpfe eigentlich liebte. Natürlich verfluchte er den Druck und die Hektik, die mit seinem Leben als Profi-Surfer einhergingen manchmal, doch wer haderte nicht hin und wieder mit seinem Beruf? Auch in ihrem Job gab es Dinge, die sie nicht so gerne tat. Die Nachbearbeitung eines Romans beispielsweise war Lindsay eine leidige Pflicht. Natürlich wurde ihr Buch dadurch erst richtig gut, doch meistens war sie gedanklich bereits beim nächsten und musste dann erst wieder aus den Untiefen, in die sie sich schon hatte hinabziehen lassen, auftauchen. Wenn ihre eigene Geschichte sie packte und sie sich von ihr mitreißen ließ, dann war es ihr nahezu unmöglich, diesen Vorgang zu unterbrechen. Es war wie beim Surfen, wenn man die Welle angepaddelt hatte und sie bekam, dann gab es kein Zurück mehr.

Warden zog Lindsay in seine Arme und küsste ihre Schläfe. „Du kennst mich so gut. Manchmal sogar besser als ich mich.“

„Das stimmt nicht.“

Er seufzte. „Und ob!“

Sie beschloss, nicht mit ihm darüber zu diskutieren, denn dann würden sie nicht mehr zum Essen kommen. Fakt war jedoch, dass Warden nur hin und wieder einfach den Überblick verlor. Gerade wenn es um komplexe Situationen ging, in denen es viele verschiedene Variablen gab, verlor er schnell sein Ziel aus den Augen.

Als sie gemeinsam in der Pantry standen und das Abendessen zubereiteten, fragte Warden: „Hast du, während ich weg war, was gegessen?“

„Die Reste von der Ananas und eine Banane“, erwiderte Lindsay und klang verschnupft. Es ärgerte sie, dass Warden sie danach fragte – vor allem deshalb, weil er recht hatte. Dennoch hasste sie es, von ihm kontrolliert zu werden.

„Tut mir leid, Sonnenschein, ich hätte nicht fragen sollen. Es ist nur … Ich liebe dich und ich mache mir Sorgen.“ Sie schaute zu ihm auf. Warden wirkte zerknirscht.

„Schon gut. Du hast ja recht, aber …“ Sie wusste, dass sie wieder abgenommen hatte. Allerdings hing das mit dem Stress rund um die Hochzeit zusammen und nun, da der ganze Rummel vorbei war, ging es ihr auch gleich deutlich besser.

„Ich will dich nicht kontrollieren, okay? Ich sag dir nicht, was du zu essen hast und wann, ich will bloß sichergehen, dass du auf dich achtest und gut für dich sorgst.“ Lindsay nickte. Im vergangen Jahr hatten Hektik und Sorgen dazu beigetragen, dass sie einige Rückschläge im Kampf gegen ihre Magersucht hatte hinnehmen müssen. Weil es ihr peinlich gewesen war, hatte sie Warden davon nichts erzählt. Auch nach wie vor wollte sie nicht, dass er sah, wie schwach sie war. Wenn es nach ihr ginge, würde sie alles dafür geben, dass er in ihr stets die Frau sah, die ihn am Strand mit einem Judowurf zu Boden geschmissen hatte. „Was denkst du?“, erkundigte er sich. „Bist du sauer? Ich hätte nicht fragen sollen, bitte entschuldige …“

Lindsay drehte sich zu ihm um. „Nein, Schatz, das bin ich nicht, es ist nur … Du musst dir keine Sorgen machen oder überprüfen, ob ich auch genug gegessen habe. Ich habe alles unter Kontrolle. Ich …“

„Mal wieder Lindsay allein gegen den Rest der Welt, oder was?“, knurrte Warden und wendete sich dem Abendessen zu. Nun war er sauer. Bevor sie jedoch nachhaken konnte, warum er auf sie wütend geworden war, fügte er hinzu: „Du bist keine Insel, Lindsay, und ich weiß, dass du alles alleine schaffen kannst, aber Fakt ist nun mal, dass du nicht mehr alleine bist. Wir sind nun verheiratet. Wir sind ein Team und das bedeutet, dass wir zusammenhalten und es völlig in Ordnung ist, wenn wir uns umeinander sorgen.“

Lindsay seufzte leise. „Wir sind aber keine guten Teamplayer“, erinnerte sie ihn. „Wir beide nicht.“

„Wir haben es bisher ganz hervorragend zusammen hinbekommen“, sagte er sanfter, beugte sich zu ihr und rieb mit seiner Nase über ihre. Sein Atem streifte Lindsays Gesicht und wie so oft reichten diese Kleinigkeiten, um sie willenlos zu machen. Sie legte eine Hand in seinen Nacken und zog ihn dichter zu sich, um ihn zu küssen. Hemmungslos drängte sie sich gegen Wardens muskulösen Körper. Wie immer war Warden zügellos, leidenschaftlich und direkt. Lindsay gefiel es, dass er sich nicht zurückhielt, und sie genau spürte, wie sehr er sie begehrte. Seine Zunge glitt über ihre Lippen, seine Hände wanderten von ihrer Hüfte zu ihren Brüsten, welche er umfasste, um sie mit seinen Daumen zu reiben. Lindsays Stöhnen öffnete ihren Mund und Warden ergriff Besitz von ihm. Seine Zunge glitt über ihre und sie erwiderte die intensive Berührung ebenso hungrig.

Wenigstens gab es auf dieser Ebene ihrer Beziehung keine Unsicherheiten. Von Anfang an war Lindsay ihm gegenüber offener gewesen, als zuvor jedem anderen Mann, mit dem sie das Bett geteilt hatte. Sie hatte sich nie gefragt, was Warden darüber dachte, wenn sie ihrer Leidenschaft freien Lauf ließ und sie ihrerseits liebte es, dass er nicht minder wild und hemmungslos war. Daher wunderte es Lindsay nicht, als er sie im nächsten Moment hochhob. Sie schlang ihre Beine um seine Hüfte und kreuzte sie hinter seinem Po, um sich von ihm in das Schlafzimmer im Bug bringen zu lassen. Lindsay lachte über sein heiseres „Ich liebe es, wie wir es hinbekommen. Wieder und wieder und wieder!“, als er sie aufs Bett drängte und sich über sie schob. Er küsste ihren Hals und entlockte ihr ein williges Stöhnen. Sein Dreitagebart schabte über ihre Haut, sein Atem streichelte ihr Gesicht und sein Gewicht presste sie in die Matratze. Perfekt, dachte Lindsay und suchte mit ihrem Mund seinen. Das hier, bekamen sie immer perfekt hin. Sie packte seine Boardshorts am Bund und zog sie ihm über seinen knackigen Hintern, der kurz darauf nackt in ihren Händen lag.

„Du hast den geilsten Arsch der Welt!“, murmelte sie.

Warden gluckste belustigt. „Danke für die Blumen, Baby, aber ich finde ihn nicht wirklich heiß.“

„Nicht?“, keuchte Lindsay atemlos.

Ihr blonder Surfer schüttelte den Kopf. „Nein, Sonnenschein, deiner gefällt mir viel, viel besser.“ Er packte ihren Hintern seinerseits und drängte sich enger gegen sie. Lindsay griff zwischen ihre Körper, zog ihren Slip beiseite und half ihm, in sie einzudringen.

Als sie später eng umschlungen im Bett lagen, murmelte Warden: „Dieser Törn war die beste Idee ever.“

„Mal eine etwas andere Hochzeitsreise“, stimmte Lindsay ihm zu und kuschelte sich enger an ihn. Sie hatte sich auf der gecharterten Segelyacht von Anfang an wohl gefühlt. Die ‚Mana Loa’, eine SUNBEAM 40.1, war modern und hell und für ein Boot sehr geräumig. Andererseits brauchte Lindsay nicht viel Platz. Ihr reichte es völlig ein Bett zu haben, in dem sie mit ihrem Mann liegen konnte. Sie streichelte Wardens nackten Oberkörper und genoss das Schaukeln der Yacht. Der Wellengang war sanft und die ruhigen, gleichmäßigen Bewegungen lullten sie ein. Warden gähnte und um ihn zu ärgern, streckte Lindsay ihren Zeigefinger in seinen Mund. Bevor er ihn schließen konnte, hatte sie ihn wieder rausgezogen und kicherte albern. „Witzig“, brummte Warden, zog sie noch dichter an sich und küsste ihre Stirn. „Irgendwann ist er ab.“

„Möglich, aber unwahrscheinlich, denn du bist zu langsam.“

„Ich bin vieles, aber nicht langsam“, erinnerte Warden sie. Das stimmte allerdings. Mit dem Tempo, das er an den Tag legte, überforderte er regelmäßig die Leute in seinem Umfeld. Ebenso mit seinen unzusammenhängenden und nicht nachvollziehbaren Gedankensprüngen. „Ich bin froh, dass das passiert ist?“

„Dass was passiert ist?“, erkundigte sich Lindsay, die ihm wieder einmal nicht folgen konnte.

„Das mit dem Portemonnaie. Ich bin froh, dass ich es vergessen habe. Nur dadurch habe ich den Jungen kennengelernt. Nur dadurch konnte ich ihm das Geld geben und ihn unterstützen.“

„Wie du immer sagst, Baby, nichts geschieht ohne Grund“, wisperte Lindsay und drückte ihm einen Kuss auf die Schulter. Sie liebte es, dass er sich bemühte, die Dinge auf diese Weise zu sehen. Das war das Besondere an ihm und für das, was sie für ihn empfand, gab es keine Worte.